Weil es bei der Wurzelfrau gerade um Lücken und freigewordene Räume geht, will ich gerade mal ein paar Dinge aufschreiben, die mir durch den Kopf gehen.
Es ging in Wurzelfraus Artikel darum, daß ein paar spirituelle Projekte von früher nicht mehr sind, weil die Macherinnen (ja, alle weiblich) hinter den ursprünglichen Konzepten nicht mehr stehen, und um daraus resultierende Lücken, die neu gefüllt sein wollen.
Vielleicht ist das eine pessimistische Sichtweise, meine Beobachtung lehrt mich jedoch: Machtverhältnisse haben die Tendenz, sich zu reproduzieren – beziehungsweise: von uns allen gewohnheitsmäßig reproduziert zu werden – und freigewordene Räume gleich mit zu besetzen. Wie Flüssigkeiten füllen sie neu zur Verfügung stehende Räume sehr schnell aus, wenn eins dem nicht entgegenwirkt. Das hat nichts mit bösen Absichten zu tun, das sind einfach nur kulturell tief verankerte Denkmuster und Prozesse, unreflektierte Grundannahmen, die bewußt zu machen manchen schmerzhaft ist, die in ihrem Gewordensein und ihrem Nicht-zwangsläufig-so-sein darzulegen bei vielen zu Empörung und Ablehnung führt.
Veränderungen gegen Machtverhältnisse an müssen, so meine ich, bewußt hergestellt werden. Es erfordert Reflexion, Räume für Neues oder bisher an den Rand Gedrängtes offenzuhalten, ohne daß sich dort das Immergleiche breitmacht. Privilegierte Positionen sind es gewohnt und betrachten es als ihr Recht, daß sie sämtlichen zur Verfügung stehenden Raum ganz selbstverständlich beanspruchen dürfen, und es kommt ihnen wie ein Verzicht und manchmal wie ein Affront vor, wenn sie das auf einmal nicht tun sollen.
Es gibt jetzt viel, was passieren kann: Die entstandenen Leerräume im Netz könnten sich einfach so schließen. Ersatzlos wegfallen, sozusagen. Das, was sich dort abgespielt hat, kann sich in andere Räume verlagern (ich beobachte z.B., daß sich vieles im Netz, was früher auf Foren stattfand, nach Facebook verlagert, individualisiert, vereinzelt hat). Sie könnten von dem gefüllt werden, was es anderswo auch schon gibt. Oder es gibt Akteur_innen, die in diesen freigewordenen Räumen Neues gestalten, das es noch nicht so gibt, oder die diese Räume als Freiräume offen halten. Diese Freiräume sind kostbar. Ich möchte gern dazu beitragen, sie als Freiräume für das, was bisher verdrängt und unsichtbar gemacht wurde, zu erhalten. Um das Althergebrachte mache ich mir keine Sorgen: Es ist schlicht nicht meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß es auch ja weiterhin zu seinem Recht kommt; das passiert von allein.
tl;dr: Freiräume bleiben nicht von allein Freiräume.