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Monat: März 2014

Heidnische Praxis V: Ein paar Überlegungen zu Ritualen

Vor ein paar Tagen hatte ich Lust, nach den ganzen eher theoretisch-politischen Beiträgen der letzten Zeit etwas Konkreteres zu schreiben. Butter bei die Fische. Aber ich wußte nicht, was. Deshalb fragte ich auf Twitter und bekam ein paar Fragen: unter anderem die nach Alltagsritualen und danach, ob ich einen Altar habe.

Die Altarfrage ist schnell abgehandelt: In meiner derzeitigen Wohnung ist derart wenig Platz, daß der „Altar“ ein Eckchen auf meiner Fensterbank ist. Ein kleiner Korb mit ein paar Steinchen, Federn und *shaker eggs* steht dort, ein Räucherstövchen (selten benutzt), eine kleine Katzenfigur, zwei Kerzenhalter. Irgendwie hat sich auch noch meine billige silberne Plastik-Winkekatze dazugesellt. Der Altar ist eher funktionslos derzeit - die Kerzen werden ab und zu mal angezündet, hauptsächlich zur Meditation.

Das mit den Ritualen ist schon schwieriger.

Feministische Spiritualität, Göttinnenspiritualität, Frauenspiritalität: Wo ist sie geblieben?

Dieser Artikel sollte ursprünglich ein Kommentar zu [einem Artikel von Anufa im Wurzelwerk](http://blog.wurzelwerk.at/?p=6410) werden.

Tenor von Anufas Artikel war, daß die Rubrik Weibercraft im WuWe brachliegt und sie sich fragt, ob einfach kein Interesse mehr besteht, aber gleichzeitig beobachtet, daß es Göttinnenkonferenzen etc. nach wie vor gibt.

Da er ziemlich lang wurde, poste ich ihn hier - das ist mein Senf zu besagtem Artikel aus meiner queerfeministischen/polytheistisch-animistischen Sichtweise:

Ich habe Ende 2012 mal [im altgedienten Lesbenarchiv Spinnboden in Berlin recherchiert](http://riesenheim.net/2012/12/ein-recherche-ueberdruss). Da stellte ich etwas fest: Die meisten Bücher im Bestand waren aus den 80ern. Wenige Anfang der 90er und später erschienen. Manche dieser Bücher blätterte ich durch und hatte den Eindruck: Die sind progressiver als vieles, was heute als "göttinnenspirituell" vermarktet wird.

Das bestätigte einen Eindruck, den [Distelfliege](http://distel.twoday.net) [hier](http://wurzelwerk.at/thema/weibercraft37.php) einmal wunderbar formuliert hat:

> Mein Eindruck ist es, dass die moderne Hexenszene und die naturspirituelle Szene und die Frauenspiri-Szene insofern rückständig sind (und vielleicht auch schon vor Jahren den Anschluss an aktuelle feministische Diskussionen verloren haben), dass kaum irgendwo erkennbar ist, dass sich eine Gruppe mit dieser Frage [nach Inklusion von trans*Personen, thursa] auseinandergesetzt hat. Es ist auch kaum zu verzeichnen, jedenfalls dort wo ich so mich umtue, dass in der Spiri-Frauen-Szene eine ähnliche Bereicherung durch vielfältigste Entwürfe und Politiken von Queer-Seite stattfand wie in der feministischen Ecke.

Ein Eindruck, den ich nach ein paar Jahren in Göttinnenspiri-Kreisen samt einem für mich welterschütternden Konflikt nur teilen konnte. Inzwischen habe ich mich zurückgezogen in ein nicht ganz mainstreamiges Asatrú, und ich habe wunderbare Rituale mit zwei kleinen queeren 1 Ritualkreisen gefeiert.

  1. Wenn ich queer sage, dann meine ich eine Haltung, die von einem grundsätzlichen Konstruktcharakter von Geschlecht und sexueller Orientierung ausgeht und das Ziel verfolgt, die Spielregeln, die dazu führen, daß Geschlecht und sexuelle Orientierung heute so und nicht anders konstruiert werden, zu subvertieren.