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Heidnische Praxis V: Ein paar Überlegungen zu Ritualen

Vor ein paar Tagen hatte ich Lust, nach den ganzen eher theoretisch-politischen Beiträgen der letzten Zeit etwas Konkreteres zu schreiben. Butter bei die Fische. Aber ich wußte nicht, was. Deshalb fragte ich auf Twitter und bekam ein paar Fragen: unter anderem die nach Alltagsritualen und danach, ob ich einen Altar habe.

Die Altarfrage ist schnell abgehandelt: In meiner derzeitigen Wohnung ist derart wenig Platz, daß der „Altar“ ein Eckchen auf meiner Fensterbank ist. Ein kleiner Korb mit ein paar Steinchen, Federn und shaker eggs steht dort, ein Räucherstövchen (selten benutzt), eine kleine Katzenfigur, zwei Kerzenhalter. Irgendwie hat sich auch noch meine billige silberne Plastik-Winkekatze dazugesellt. Der Altar ist eher funktionslos derzeit – die Kerzen werden ab und zu mal angezündet, hauptsächlich zur Meditation.

Das mit den Ritualen ist schon schwieriger. Die sind nämlich beinahe „unsichtbar“. Etwa mein persönlicher Gewässerkult, der lediglich darin besteht, daß ich gelegentlich, wenn ich außerhalb der Innenstadt an einem hinreichend sauberen Bach oder Fluß vorbeikomme und ohne gefährliche Kletterpartien das Wasser selbst erreichen kann, die Fingerspitzen hineintunke und mit den feuchten Fingerspitzen meine Stirn berühre.

Oder die gelegentlichen Trankopfer: ich stelle eine kleine Menge in einem Extra-Glas beiseite, wenn ich Wein trinke; die wird dann später entweder dem nahen Fluß übergeben oder, wenn ich faul bin, dem Balkonkasten.

Ab und zu rede ich mit meinen Göttinnen_Göttern. Keine Gebete, die vorher geschrieben wurden: eher so spontanes Herzausschütten, wie die Worte gerade kommen, Hauptsache, das Ganze ist emotional intensiv und echt.

Daß ich mich gerade durch Diana Paxsons Buch „Trance-Portation“ arbeite, zähle ich fast nicht zu den Ritualen, obwohl auch die Übungen aus diesem Buch eine starke rituelle Komponente haben.

Alle diese Rituale sind unter anderem deshalb so schlicht, weil ich sie allein zelebriere. Vielleicht wären sie elaborierter, beginge ich sie mit anderen. Aber will ich überhaupt elaborierte Rituale? Schon in meiner Rezension von Paxsons Runenbuch stellte ich fest, daß ich mit einem sehr theatralischen, „geskripteten“ Ritualstil eher wenig anfangen kann.

Meine Negativfolie sind die Gottesdienste aus meiner Schulzeit, die ich nämlich als genau so geskriptet in Erinnerung habe. So will ich meine Rituale nicht haben: es soll Raum darin sein für Ekstase, Emotion, für die Persönlichkeiten der Beteiligten und ihre Interaktion. Ich will irgendwie keine Rituale, die nur auf der Seite des Opferfestes bleiben und alles Magische ausklammern; das andere Extrem will ich aber auch nicht: Rituale, die die Kommunikation mit Gottheiten und anderen Wesenheiten ausklammern. Derzeit regt sich bei mir überhaupt der Wunsch, so etwas wie eine devotionale Praxis aufzubauen – eine, in der die Türen zum Ekstatischen, zur Trance und zu schamanischen Praktiken offen sind.

Für mich schließt sich die Frage an, was das für meine Wünsche an Ritualgruppen bedeutet – aber das ist mir einen eigenen Text wert. Der kommt demnächst.

Ein Kommentar

  1. irka 28. März 2014

    So. Gelesen (hier pennt noch alles und ich bin gewohnheitsmäßig vor 7 wach :/ Ich komme auf jeden Fall auf deinen text zurück wenn ich wieder mit compi schreiben kann :)

Kommentare sind geschlossen.

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