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Heidnische Praxis VI: Über heidnische Gruppen

Coven, Zirkel, Ritualgruppe, Kindred, Thinggemeinschaft, Kultgemeinschaft, Arbeitsgruppe: Gruppen in heidnischen Zusammenhängen können viele Formen und viele Bezeichnungen annehmen. Ich fühle mich derzeit ziemlich solitary und bin gerade unschlüssig, ob ich eine Gruppe will und wenn ja, welcher Art.

Der Zeit-, Arbeits- und Verpflichtungsfaktor ist eine Sache für mich. Erfahrungsgemäß sind diese Faktoren jedoch kein (oder zumindest kein großes) Problem mehr für mich, sobald mir klar ist, wozu ich das mache und daß ich das wirklich will.

Bisher habe ich – von der überregionalen Nornirs Ætt abgesehen – drei heidnische Gruppen gehabt, die recht unterschiedlich funktioniert haben.

Eine davon war eine von Anfang an eher Wicca-orientierte Gruppe, in die ich hineingekommen bin, kurz bevor ich von einer freifliegenden Hexe zu einer dezidierten Polytheistin wurde. In dieser Gruppe feierten wir hauptsächlich Jahreskreisfeste, teilweise recht elaboriert. Diese Gruppe zerstreute sich irgendwann, nachdem wir einen heftigen Konflikt über Bilder vom Göttlichen – vor allem über „harten“ Polytheismus vs. Duotheismus – hatten.

Eine andere traf sich nur ein paarmal und war eine reine Frauen/Trans*-Gruppe. In dieser Gruppe feierten wir sehr an Luisa Francias „Mond Tanz Magie“ angelehnt, das heißt: Rituale ohne Worte. Ich erinnere mich an diese Rituale als starke und anrührende Erlebnisse. Irgendwie zerstreute sich diese Gruppe über Terminschwierigkeiten.

Eine dritte kam ein knappes Jahr, bevor ich Berlin verließ, zustande, und wir feierten, wenn ich mich recht erinnere, zwei- oder dreimal zusammen. Wir waren vier queers mit vollkommen verschiedenen Wissensständen und Hintergründen und irgendwie war das, was wir zusammen taten, erste vorsichtige Schritte ins Entwickeln eines eigenen Rituals, das nicht an eine bestimmte Tradition gebunden war. Auch diese Gruppe war eher lose und die Frage „Feiern wir Termin XY zusammen?“ mußte immer erst gestellt werden.

Was ist wichtig?

Alles, was ich hier schreibe, bezieht sich auf eine Gruppe vor Ort, bei der die Teilnehmenden nicht weit anreisen – denn eine überregionale Gruppe habe ich schon. Wenn, dann wäre es mir wichtig, vor Ort Leute zu haben, mit denen ich mich treffe.

Mir sind drei Faktoren bei einer lokalen Gruppe wichtig:

  1. Übereinstimmende oder zumindest kompatible Ziele und die Kommunikation darüber: Die Frage „Was wollen wir von dieser Gruppe?“ ist IMHO fundamental, damit sich aus unterschiedlichen, aber nicht kommunizierten Erwartungen nicht Konflikte ergeben. Wenn eine einfach nette Gottesdienst-Feste an den Jahreskreisfesten feiern will und die andere eine magische Arbeitsgruppe mit großem Tiefgang erwartet und darüber nicht geredet wird, sind Konflikte m.E. vorprogrammiert.
  2. Verständigung über das Maß an Verbindlichkeit, das die Beteiligten voneinander erwarten. Kurzfristige Absagen nerven mich immer, und wenn ich mich in einer Kultgemeinschaft beteilige, wünsche ich mir, daß die (möglichst weit im voraus vereinbarten) Fest-Termine nicht zur beliebigen Disposition à la „ach, nächste Woche kann nicht nicht, da ist die Geburtstagsparty von der Mitbewohnerin meines Freundes“ stehen. Das ist mir um so wichtiger, je kleiner eine Gruppe ist und je mehr ein Termin auf dem anderen aufbaut. In einer Gruppe von acht oder neun Leuten läßt es sich leichter auch mal feiern, wenn eine oder zwei Personen nicht da sind, als in einer Gruppe, die nur aus vier Leuten besteht, und in einem kurs-ähnlichen Kontext fällt es ins Gewicht, wenn jemand einen oder gar zwei Termine nicht anwesend ist – in einer reinen Ritualgruppe nicht so sehr.
    Dazu gehört auch: Sollen Rituale einfach spontan gefeiert werden, oder soll es vorherige Vorbereitung geben?
  3. Zu einer gemeinsamen „rituellen Sprache“ zu finden. Damit meine ich nicht die Festlegung, ob ein Ritual auf Deutsch, Italienisch oder Chaossprache zelebriert wird, sondern ein Repertoire an rituellen Handlungen, das bei allen im Kontext dieser Gruppe mit denselben Konzepten besetzt ist; sei es das gemeinsame Erden am Anfang und/oder Ende, das berühmte Kreisziehen, die 4×7 Trommelschläge, die im Core-Schamanismus nach Harner das Signal zur Rückkehr in die Alltägliche Wirklichkeit geben; Handlungen, die nicht jedesmal neu erklärt werden müssen.

Und, wie ich im vorherigen Post schon erklärte: ich will nicht trennen müssen zwischen „religiösem“ Kult, „Magie“ und „schamanischer Arbeit“. Bei einem ohne das andere fehlt mir irgendwann was.

Meine Wünsche: Arbeitsgruppe oder Kultgemeinschaft?

Und welche Art von Gruppe vor Ort würde ich im Moment wollen? Was wäre mir wichtig? In diesem Punkt bin ich gerade unentschieden. Die folgenden Möglichkeiten reizen mich:

  1. Eine queere oder queer-inklusive Ritualgruppe von der intensiveren Art, also eine, die mehr tut, als locker Jahreskreisfeste feiern. Obwohl gut vorbereitete Jahreskreisfeste schon ein Anfang sein könnten. Möglicherweise mit nicht-Asatrú-pagans, aber einem Ritualparadigma, das nicht dem Wicca-Standard folgt.
  2. Eine Asatrú-Kultgruppe, für die auch einmal ein seið/spae1-Ritual oder andere Magie sein darf.
  3. Eine Arbeitsgruppe in Sachen Trance und (neo)schamanische Praxis, vielleicht eine, die gemeinsam Diana Paxsons Buch „Trance-Portation“2 durcharbeitet.

Ja, das sind meine Ideen. Bin ich damit zu anspruchsvoll? Ich weiß es nicht – aber laut über meine Wünsche nachdenken darf ich ja mal.

  1. spae bezeichnet eine seherische Praxis, die auf (neo)schamanistischen Konzepten fußt.
  2. das immer noch auf meiner Zu-Rezensieren-Liste steht, gnarf – please hold the line

2 Comments

  1. sabine 7. April 2014

    hallo,

    ich bin derzeit auf der suche nach einer heidnischen gruppe, habe aber die allergrößten schwierigkeiten.

    kannst du mir vielleicht gruppen in münchen und umgebung empfehlen?

    danke.

    sabine

  2. thursa 7. April 2014

    Hallo Sabine,

    ich kenne keine Leute aus München und kann überhaupt keine Gruppen vermitteln.

    Vielleicht versuchst Du es mal in einem der großen Heidenforen?

Kommentare sind geschlossen.

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