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Heidnische Praxis VIII: Was ist eigentlich ein Ritual?

Ich habe in den letzten Wochen mit einer kleinen Gruppe intensiv ein Ritual für meine Heilsgemeinschaft vorbereitet und es schließlich erfolgreich umgesetzt. Dabei wurden auch einige meiner bisherigen Überzeugungen über mich und Rituale in Frage gestellt – etwa die, daß ich grundsätzlich keine geskripteten Rituale mag; vielleicht ist das eher ein Widerwille, fremde Skripte „aufzuführen“.

Besagtes Ritual wurde fast ohne vertraute Bausteine von Grund auf neu erschaffen. Die Basis waren Orakelarbeit, schamanische Reisen, Brainstorms und viele lange Gespräche unter uns Ritualleitenden.

Mir stellte sich während dieser intensiven Arbeit die Frage: Was ist eigentlich ein Ritual?

Was macht es aus? Eins spricht ja auf einer alltäglichen Ebene oft von Ritualen, wo es um gewohnheitsmäßige Handlungen geht; es gibt Solo- und Gruppenrituale, es gibt Übergangsrituale, Initiationsrituale, Rituale, die andere persönliche Übergänge und Verbindungen feiern (wie Handfasting und Verschwisterung_Verbrüderung), Rituale, die Gemeinschaftsgefühl schaffen und der Identitätsstiftung dienen, Rituale, die der Verbindung mit dem Heiligen, dem Göttlichen oder nichtalltäglichen Realitäten dienen, …

Und es gibt zahlreiche nicht-spirituelle Situationen, die ritualisierten Charakter haben, Konzerte, Theateraufführungen oder Fußballspiele zum Beispiel.

Ich fragte auf Twitter herum und bekam folgende Beschreibungen: – Ein Ritual ist eine absichtsvolle Handlung, die Veränderungen herbeiführen soll. – Es hat einen aus dem Alltag herausgehobenen Charakter. – Es ist eine regelmäßig wiederholte Handlung. – Es dient der Verbindung mit dem Göttlichen. – Es fördert Gruppenidentität und -zusammenhalt.

Und @dahie schickte mir dieses erklärende Video:

Nun sind von diesen Kriterien bzw. Beschreibungen einige nicht immer gegeben. Oft feiere ich z.B. Rituale, die nicht in dieser Form wiederholt werden. Nicht alle meiner Rituale sind aus dem Alltag herausgehoben, einige sind ganz bewußt und absichtlich Bestandteil meines Alltags. Nicht alle Rituale sind Gruppenrituale, manche zelebriere ich auch ganz allein – nicht nur mein morgendliches Gebet und meine meditativen Übungen zähle ich als rituelles Handeln, sondern auch so manche Handlung, die als magisch einzustufen ist, ist ein Ritual.

Was macht für mich ein Ritual im spirituellen Kontext aus? – Ein Ritual hat eine Absicht, einen Zweck. – Es besteht aus Handlungen mit Symbolwert; Handlungen, die u.U. im alltäglichen Leben keinen Sinn hätten. Unter dem Aspekt des Symbolischen kann ich um so besser gestalten, je mehr ich Symbole habe, die allen Beteiligten vertraut sind und wo hinreichend Einigkeit über die Bedeutung besteht. Diese Handlungen können innerhalb des Rituals einen anderen Symbolcharakter haben als außerhalb. – Ein Ritual hat eine Wirkung auf die Teilnehmenden. – Die meisten Rituale haben eine Abgrenzung vom gewöhnlichen Alltag; ritueller Raum wird eröffnet und wieder geschlossen.

Eine feste „Liturgie“ hat jedoch keines der Rituale, die ich allein oder mit meinen diversen Gruppen feiere – oder wenn, dann hat sie am ehesten noch das Blót, wie ich es mit Asatrú innerhalb und außerhalb der Nornirs Ætt feiere, aber die ist extrem einfach.

Alles in allem habe ich keine abgeschlossene Antwort auf die Frage, was für mich eigentlich ein Ritual ist.

Wie definiert Ihr denn Rituale? Was macht für Euch ein Ritual aus?

3 Comments

  1. irkaxx 7. August 2014

    Ich knuspere seit unserem gespräch immer noch über diesem Thema. Es ist einfach zu komplex, um einfach geradlinig erklärbar zu sein. Schließlich hängt jedes Ritual, egal ob in fester oder freier Form immer von den Zelebrierenden ab, was ja gut bei Ritualen in den christl. Kirchen zu beobachten ist. Jedes Ritual bekommt unweigerlich einen individuellen Touch. Und ich sammle immer noch für mich verschiedene Puzzlesteine, werde mir dazu ein etherpad einrichten (ich mag tumblr dann doch nicht so, dass ich das ausführlich nutzen würde für sowas)… und auch zum Thema Schwellenrituale in Anlehnung an die gesellschaftlich anerkannten, quasi als Alternative, bin ich immer noch dran…. kann dir also, um dsa zusammenzufassen, keine Antwort auf deine Fragen geben :/

  2. thursa 8. August 2014

    Ja, eine und vor allem eine abschließende Antwort darauf wird es wohl so schnell nicht geben.

    Ich sehe da auch noch das Spannungsfeld „Vokabular von rituellen Handlungen“ versus „Gestaltungsfreiheit“. Vorgegebene Ritualstrukturen haben halt den Vorteil, daß eins das Rad nicht immer neu erfinden muß… Das Thema „Übergangsrituale“ finde ich auch spannend, vor allem vor dem Hintergrund von queerness und damit verbundenen Übergängen.

  3. Can Loua 1. April 2015

    …jenseits des Zaunes steht ein grosser Webstuhl. Während des Rituals betrete ich diesen Bereich, bewundere die immer wieder neuen Formen und Farben des Gewebes, und webe ein Stück meines eigenen mitgebrachten Fadens mit hinein. So kommuniiziere ich immer wieder aufs Neue mit den Kräften/Spirits/Göttern/Ahnen und bringe mich mit in das grosse Gewebe der Schöpfung ein…..

    Ein Ritual ist für mich eine „ganzheitliche“ Form von Kommunikation mit meiner eigenen Kraft/Seele und den Kräften auf der anderen Seite des Zaunes.

    Ich wünsche Dir Freude, Zufriedenheit und die Kraft des Regenbogens – Can Loua

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