Zur Tagundnachtgleiche schrieb ich, dass es eine anstrengende Zeit ist. Das hat sich fortgesetzt. Emotionale Achterbahnfahrten, Anstrengungen, die lange fruchtlos blieben, mein Selbstwertgefühl war zwischendurch…
ein blog über queer & heidentum
Zur Tagundnachtgleiche schrieb ich, dass es eine anstrengende Zeit ist. Das hat sich fortgesetzt. Emotionale Achterbahnfahrten, Anstrengungen, die lange fruchtlos blieben, mein Selbstwertgefühl war zwischendurch…
In meinem letzten Post habe ich meine Morgenpraxis ja schon kurz erwähnt. Hier will ich noch ein wenig genauer auf das Was, Wie und Warum eingehen.
„Morgenroutine“ klingt nach Frühaufstehen, Produktivität, ordentlichen und disziplinierten Menschen. Keins davon ist sonderlich zutreffend für mich, obwohl ich inzwischen meine Morgenpraxis derart als Notwendigkeit empfinde, dass ich sie durchaus mit einberechne, wenn es darum geht, wann ich aufstehen muss. Ich bin allerdings eine lebenslange, unveränderliche, bekennende Nachteule, und ich brauche morgens meine Zeit, um in Gang zu kommen.
Meine Morgenpraxis ist inzwischen ein schöner und hilfreicher Teil dieses “in Gang Kommens”.
Ich schrieb die letzten Tage recht intensiv an meinem Buchprojekt. Im Moment bin ich in einer Phase der Textproduktion unter Ausschaltung von Selbstkritik - die wird dann ausführlich zu Wort kommen, wenn ich das Material mit Quellen unterfüttere und rausschmeiße, was mir zu unsubstantiiert vorkommt.
Ich fühle mich ein bißchen, als würde ich das Rad neu erfinden. Mein Ansatz geht im Moment zu „Schreib das Einsteigerbuch, das du gern hättest, würdest du heute über Heidentum stolpern“ mit der Absicht, daß es ein Buch sein soll, das eine Praxis vorstellt, die ohne Heteronormativität klarkommt - nicht explizit „für queers“, sondern, soweit mir das möglich ist, einfach so, daß sie nicht von vornherein ausgeschlossen werden und mit zahlreichen Otherings und [Mikroaggressionen](http://en.wikipedia.org/wiki/Microaggression) vergrault werden. (Ich danke [Teile des Ganzen](http://teiledesganzen.wordpress.com) für die Anregungen, die mich zu dieser Formulierung gebracht haben.)
Viele Hexen laden die Menstruation ja mit positivem und Symbolgehalt noch und nöcher auf. Etwas, wo ich regelmäßig Haare auf den Zähnen kriege angesichts der Diskurse von Natürlichkeit und Reproduktionsmystik, die gerne in diesem Reden über Menstruation unter frauenspiribewegten Frauen auftauchen.
Für viele Frauen, die ich in solchen Zusammenhängen kennen gelernt habe, ist es Empowerment pur, sich positiv auf einen Vorgang zu beziehen, der im gesellschaftlichen Mainstream mit riesigem Ekel besetzt und tabuisiert wird; genau wie es für so viele notwendig erscheint, sich positiv auf bisher abgewertete weiblich besetzte Dinge zu beziehen.
Für mich ist dieses Fest schwierig zu greifen. Überhaupt habe ich ja keinen so direkten Zugang zu den Festen zwischen den Sonnenfesten.
Die Sonnenfeste fallen mir leicht. Mir ist offensichtlich, was sich da abspielt; zur Sonne und zu Lichtverhältnissen habe ich einen sehr direkten Draht.
Wenn ich früher das Thema „heidnische Musik“ angeschnitten habe, kamen oft als eine der ersten Antworten Empfehlungen zu bestimmten Künstler_innen/Alben zum Anhören. Die meiste Musik, die ich da empfohlen bekam, war von Bands, die ein mehr oder weniger heidnisches Image haben, sich mit „irgendwie heidnischen“ Inhalten beschäftigen und/oder sich als heidnisch identifizieren.
Daran dachte ich, als ich vor ein paar Tagen [diesen Artikel](http://www.witchesandpagans.com/Pagan-Culture-Blogs/what-makes-an-event-a-pagan-event.html) (auf englisch) über heidnische Veranstaltungen las, und ich hatte Lust, zu reflektieren, wie denn das inzwischen mit mir und der heidnischen Musik ist.
Ich habe ja selten das Bedürfnis, „heidnische Musik“ zu konsumieren.
Ich habe im [ersten Teil](http://riesenheim.net/2012/12/was-ich-von-meiner-spiritualitaet-eigentlich-will-teil-i/) dieser Serie die mediale Repräsentation von religiösen und spirituellen Praktiken außerhalb der Großkirchen problematisiert und im [zweiten Teil](http://riesenheim.net/2012/12/was-ich-von-meiner-spiritualitaet-eigentlich-will-teil-ii-was-es-nicht-ist/) dargelegt, worum es mir in meiner Praxis nicht geht. Bleibt immer noch die Frage offen: **Warum mache ich es denn dann?** Wie läßt sich die Motivation hinter meinem Tun positiv definieren?
Die rational vielleicht faßbarsten Ebene meiner Motivation ist folgende: Ich habe selbst in meinen ‚unspirituellsten‘ Zeiten ein Bedürfnis gehabt, mich mit ‚dem Großen Ganzen‘ auf eine positive Weise verbunden zu fühlen, auf eine Weise, die über das Mechanische, über physische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge hinausgeht; auf eine Weise, die insbesondere eine Beziehung zur nichtmenschlichen Welt für mich nicht nur rational, sondern auch emotional-intuitiv erfahrbar macht.
Ich bin umgezogen. Von Berlin nach Freiburg, in eine Wohnung, die quadratmetermäßig exakt halb so groß ist wie die Berliner Wohnung, dafür schnuckelig und schön…
Bevor ich den Versuch wage, zu erklären, was ich von meiner Spiritualität will, erläutere ich ein paar Dinge, die Leute gewöhnlich mit Religion in Verbindung bringen, die mich aber in diesem Kontext nicht motivieren:
### Ethik
Wenn von Religion die Rede ist, habe ich den Eindruck, wird oft das Motiv von „traditionellen Werten“ hochgehalten. Religion erscheint als Sittengesetz, als Regelwerk für ein gutes Leben. Das ist eindeutig nicht mein Motiv für Religiosität: Leitlinien, wie ich mein Leben gestalten will, ethische Maximen und Werte finde ich auch ohne Spiritualität, auf einer rationalen Basis. Meine Spiritualität hat zwar einen Einfluß auf mein Denken über Ethik, aber dadurch motiviert ist sie nicht. Daß ich z.B. reinen Anthropozentrismus ablehne, hat auch etwas mit Animismus zu tun; die Überzeugung, daß die nicht-menschliche Natur einen Wert in sich darstellt, ist meines Erachtens jedoch auch "auf atheistisch" denkbar. **Ethik** ist also schon einmal nicht unbedingt ein zentrales Motiv für mich.
### Das Jenseits
Ein weiteres, gern genanntes Motiv ist ja auch die Frage nach dem Leben nach dem Tod.